Rechtsstreitigkeiten
Die Volkswagen AG und die Unternehmen, an denen sie unmittelbar oder mittelbar Anteile hält, sind national und international im Rahmen ihrer operativen Tätigkeit an einer Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten und behördlichen Verfahren beteiligt. Solche Rechtsstreitigkeiten und Verfahren treten unter anderem im Verhältnis zu Arbeitnehmern, Händlern, Investoren, Kunden oder Lieferanten beziehungsweise mit zuständigen Behörden auf. Für die daran beteiligten Gesellschaften können sich hieraus Zahlungs- oder andere Verpflichtungen ergeben. Insbesondere können hohe Schadensersatz- oder Strafschadensersatzzahlungen zu leisten sein und kostenintensive Maßnahmen erforderlich werden. Dabei ist es häufig nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich, die objektiv drohenden Auswirkungen konkret zu beziffern.
Darüber hinaus können sich Risiken im Zusammenhang mit der Einhaltung von regulatorischen Anforderungen ergeben. Dies gilt insbesondere im Falle von regulatorischen Wertungsspielräumen, bei denen es zu abweichenden Auslegungen durch Volkswagen und die jeweils zuständigen Behörden kommen kann. Des Weiteren können sich aus kriminellen Handlungen Einzelner, die selbst das beste Compliance-Managementsystem niemals vollständig ausschließen kann, Rechtsrisiken ergeben.
Soweit überschaubar und wirtschaftlich sinnvoll, wurden zur Absicherung dieser Risiken in angemessenem Umfang Versicherungen abgeschlossen. Für die erkenn- und bewertbaren Risiken wurden auf Basis des derzeitigen Kenntnisstands angemessen erscheinende Rückstellungen gebildet beziehungsweise Angaben zu Eventualverbindlichkeiten gemacht. Da einige Risiken nicht oder nur begrenzt einschätzbar sind, ist nicht auszuschließen, dass gleichwohl Schäden eintreten können, die durch die versicherten beziehungsweise zurückgestellten Beträge nicht gedeckt sind. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Einschätzung zu den Rechtsrisiken aus der Dieselthematik.
Dieselthematik
In den USA erzielten Volkswagen AG und bestimmte verbundene Unternehmen Vergleichsvereinbarungen (unter anderem diverse Consent Decrees) mit dem US-Justizministerium (Department of Justice, DOJ), der US-amerikanischen Umweltschutzbehörde (US Environmental Protection Agency, EPA), dem US-Bundesstaat Kalifornien, dessen Umweltschutzbehörde, dem California Air Resources Board (CARB), und dessen Attorney General sowie mit der US-Federal Trade Commission und, durch ein sogenanntes Steuerungskomitee (Plaintiffs‘ Steering Committee) in einer im US-Bundesstaat Kalifornien anhängigen „Multidistrict Litigation“ vertretenen Privatklägern. Mit diesen Vergleichsvereinbarungen wurden bestimmte zivilrechtliche Ansprüche im Zusammenhang mit betroffenen Dieselfahrzeugen in den USA beigelegt.
Im Zusammenhang mit der Dieselthematik hat die Volkswagen AG ebenfalls Vereinbarungen abgeschlossen, um strafrechtliche Ansprüche nach US-amerikanischem Bundesrecht und bestimmte zivilrechtliche Strafen und Ansprüche beizulegen. Im Rahmen des abgeschlossenen Plea Agreement stimmte die Volkswagen AG einem Schuldanerkenntnis im Hinblick auf drei nach US-amerikanischem Bundesrecht strafbare Handlungen zu, darunter Verschwörung zur Begehung von Betrug, Behinderung der Justiz und Verwendung von Falschaussagen zur Einfuhr von Fahrzeugen in die USA, und wurde zu einer Bewährungsfrist von drei Jahren verurteilt.
Eine Beschreibung der Dieselthematik finden Sie im Kapitel „Dieselthematik“. Mögliche Auswirkungen auf die Ertrags-, Finanz- und Vermögenslage von Volkswagen können sich im Zusammenhang mit der Dieselthematik im Wesentlichen in den folgenden Rechtsgebieten ergeben:
1. Abstimmung mit Behörden zu technischen Maßnahmen weltweit
Der Volkswagen Konzern stellt weltweit für nahezu alle Dieselfahrzeuge mit Motoren vom Typ EA 189, in Abstimmung mit den jeweils zuständigen Behörden, technische Maßnahmen zur Umrüstung zur Verfügung.
Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) hat für sämtliche Cluster (Fahrzeuggruppen) innerhalb seiner Zuständigkeit festgestellt, dass mit der Umsetzung der technischen Maßnahmen keine nachteiligen Veränderungen hinsichtlich des Kraftstoffverbrauchs, der CO2-Emissionen, der Motorleistung, des maximalen Drehmoments und der Geräuschemissionen verbunden sind.
Über viele Monate hat die AUDI AG mit Hochdruck alle relevanten Dieselkonzepte auf etwaige Unregelmäßigkeiten und Nachrüstungspotenziale untersucht. Die von der AUDI AG vorgeschlagenen Maßnahmen sind in verschiedenen Rückrufbescheiden des KBA zu Fahrzeugmodellen mit V6 und V8 TDI-Motoren aufgegriffen und angeordnet worden.
Die AUDI AG geht gegenwärtig von insgesamt überschaubaren Kosten für das seit Juli 2017 laufende überwiegend softwarebasierte Nachrüstprogramm inklusive des auf Rückrufen basierenden Umfangs aus und hat eine entsprechende bilanzielle Risikovorsorge gebildet. Die von der AUDI AG eingereichten Maßnahmen werden vom KBA geprüft und können den Kunden erst nach entsprechender Freigabe durch das KBA zur Verfügung gestellt werden.
Das südkoreanische Umweltministerium hat bestimmte Emissionsstrategien in der Motorsteuerungssoftware verschiedener Dieselfahrzeuge mit einem V6- oder V8-TDI-Motor der Emissionsnorm Euro 6 als unzulässige Abschalteinrichtung qualifiziert und am 4. April 2018 einen Rückruf angeordnet; gleiches gilt in Bezug auf das Dynamic Shift Program (DSP) in der Getriebesteuerung einiger Audi Fahrzeugmodelle.
In den USA erteilten die EPA und die CARB im Geschäftsjahr 2018 die noch ausstehenden behördlichen Genehmigungen der technischen Lösungen für die betroffenen Fahrzeuge mit 2.0 l TDI-Motor und des Typs V6 mit 3.0 l TDI-Motor. Im Fall der 2.0 l Dieselfahrzeuge der zweiten Generation mit Schaltgetriebe zog die Volkswagen Group of America, Inc. den genehmigten Vorschlag zur emissionsbezogenen Anpassung zurück, wobei Eigentümer das Recht erhielten, sich für einen Rückkauf und Leasingnehmer sich für eine vorzeitige Beendigung des Leasingverhältnisses zu entscheiden.
Nach Gesprächen mit dem DOJ, der EPA und der CARB vereinbarten die Parteien am 31. Oktober 2018 eine klarstellende Abänderung des ersten und des zweiten Partial Consent Decree dahingehend, dass es Volkswagen zur Behebung bestimmter technischer Probleme erlaubt ist, genehmigte abgasrelevante Modifikationen (Approved Emissions Modifications, AEM) im Wege einer AEM-Korrektur vorzunehmen.
2. Straf- und Verwaltungsverfahren weltweit (exklusive USA/Kanada)
In einigen Ländern sind strafrechtliche Ermittlungsverfahren/Ordnungswidrigkeitenverfahren und/oder Verwaltungsverfahren (so zum Beispiel durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) in Deutschland) eröffnet worden. Der Kernsachverhalt der strafrechtlichen Ermittlungsverfahren wird von den Staatsanwaltschaften in Braunschweig und München ermittelt.
Die Staatsanwaltschaft Braunschweig führt Ermittlungen wegen unter anderem Betrugs gegen circa 40 (auch ehemalige) Mitarbeiter und ein ehemaliges Vorstandsmitglied. Die Ermittlungen dauern noch an. Den Beschuldigten und der Volkswagen AG wurde Einsicht in die Ermittlungsakten gewährt.
Das gegen die Volkswagen AG in diesem Zusammenhang seit April 2016 geführte Ordnungswidrigkeitenverfahren ist mit dem am 13. Juni 2018 durch die Staatsanwaltschaft Braunschweig gegen die Volkswagen AG erlassenen Bußgeldbescheid beendet worden. Der Bußgeldbescheid knüpft an eine fahrlässige Aufsichtspflichtverletzung in der Abteilung Aggregate-Entwicklung an und bezieht sich auf den Zeitraum von Mitte 2007 bis 2015 und auf insgesamt 10,7 Mio. Fahrzeuge mit Dieselmotoren der Typen EA 189 weltweit sowie EA 288 (Generation 3) in den USA und Kanada. Der Bußgeldbescheid sieht eine Geldbuße in Höhe von insgesamt 1,0 Mrd. € vor, die sich aus einer Ahndung in Höhe von 5 Mio. € sowie einer Abschöpfung wirtschaftlicher Vorteile in Höhe von 995 Mio. € zusammensetzt. Die Volkswagen AG hat die Geldbuße nach eingehender Prüfung akzeptiert und diese vollständig bezahlt, womit der Bußgeldbescheid rechtskräftig geworden ist. Durch den Bußgeldbescheid ist das Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen die Volkswagen AG beendet. Eine weitere Sanktionierung oder Einziehung gegen die Volkswagen AG und ihre Konzerngesellschaften ist daher in Deutschland im Zusammenhang mit dem einheitlichen Lebenssachverhalt betreffend die Dieselmotoren der Typen EA 189 weltweit sowie EA 288 (Generation 3) in den USA und Kanada, der Gegenstand des Bußgeldbescheids ist, nicht mehr zu erwarten. Somit geht Volkswagen davon aus, dass die Beendigung dieses Verfahrens auch erhebliche positive Auswirkungen auf weitere in Europa gegen die Volkswagen AG und ihre Konzerngesellschaften geführte behördliche Verfahren haben wird.
Die Staatsanwaltschaft Braunschweig führt ein weiteres Verfahren gegen drei (auch ehemalige) Vorstandsmitglieder wegen des Vorwurfs der Marktmanipulation im Hinblick auf kapitalmarktrechtliche Informationspflichten im Zusammenhang mit der Dieselthematik. In diesem Kontext führt die Staatsanwaltschaft gegen die Volkswagen AG seit dem 30. Juli 2018 ein Ordnungswidrigkeitenverfahren nach § 30 OWiG. Die Volkswagen AG hat seitdem wiederholt Einsicht in die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft erhalten. Die Ermittlungen dauern noch an.
Die Staatsanwaltschaft München II führt ein Ermittlungsverfahren gegen 24 Personen, darunter auch gegen den vormaligen Vorstandsvorsitzenden der AUDI AG (zugleich ehemaliges Vorstandsmitglied der Volkswagen AG) und ein weiteres aktives Vorstandsmitglied der AUDI AG. Die Ermittlungen dauern noch an. Die AUDI AG hat zwei renommierte Großkanzleien mit der Aufklärung des Sachverhalts beauftragt, der den staatsanwaltschaftlichen Vorwürfen zugrunde liegt. Vorstand und Aufsichtsrat der AUDI AG lassen sich regelmäßig über den aktuellen Stand berichten.
Das gegen die AUDI AG in diesem Zusammenhang geführte Ordnungswidrigkeitenverfahren wurde durch Bußgeldbescheid der Staatsanwaltschaft München II vom 16. Oktober 2018 beendet. Der Bußgeldbescheid knüpft an eine fahrlässige Aufsichtspflichtverletzung in der Organisationseinheit Abgas Service/Zulassung Aggregate an. Der Bußgeldbescheid sieht eine Geldbuße in Höhe von insgesamt 800 Mio. € vor, die sich aus einer Ahndung in Höhe von 5 Mio. € sowie einer Abschöpfung wirtschaftlicher Vorteile von 795 Mio. € zusammensetzt. Die AUDI AG hat die Geldbuße nach eingehender Prüfung akzeptiert und diese vollständig bezahlt, womit der Bußgeldbescheid rechtskräftig geworden ist. Durch den Bußgeldbescheid ist das Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen die AUDI AG beendet. Eine weitere Sanktionierung oder Einziehung gegen die AUDI AG ist daher in Europa im Zusammenhang mit dem einheitlichen Lebenssachverhalt, der dem Bußgeldbescheid zugrunde liegt, nicht mehr zu erwarten.
Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat bezüglich der Dieselthematik strafrechtliche Ermittlungen gegen ein Vorstandsmitglied, einen Mitarbeiter und einen ehemaligen Mitarbeiter der Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG wegen des Verdachts des Betrugs und der unzulässigen Werbung sowie ein entsprechendes Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen die Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG gemäß § 30 OWiG eingeleitet. Die Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG hat zwei renommierte Großkanzleien mit der Aufklärung des Sachverhalts beauftragt, der den staatsanwaltschaftlichen Vorwürfen zugrunde liegt. Vorstand und Aufsichtsrat der Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG lassen sich regelmäßig über den aktuellen Stand berichten.
Am 6. Juli 2018 hat das Bundesverfassungsgericht über die Verfassungsbeschwerden im Zusammenhang mit der Durchsuchung bei der Kanzlei Jones Day entschieden und festgestellt, dass die gerichtliche Bestätigung der vorläufigen Sicherstellung von Mandatsunterlagen und Daten der Volkswagen AG nicht gegen Verfassungsrecht verstoßen hat. Die Gesellschaften des Volkswagen Konzerns werden auch weiterhin und unter Einbeziehung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts mit den staatlichen Behörden kooperieren.
Ob und gegebenenfalls in welcher Höhe aus Straf- und Verwaltungsverfahren am Ende Geldbußen für das Unternehmen resultieren, unterliegt zum aktuellen Zeitpunkt Einschätzungsrisiken. In der Mehrheit der Verfahren schätzt Volkswagen die Wahrscheinlichkeit einer Sanktionierung mit nicht über 50 % ein. Für diese Fälle wurden Eventualverbindlichkeiten angegeben, soweit sie bewertbar sind und die Wahrscheinlichkeit einer Sanktionierung nicht niedriger als 10 % eingeschätzt wurde. In geringem Umfang waren Rückstellungen zu bilden.
3. Produktbezogene Klagen weltweit (exklusive USA/Kanada)
In betroffenen Märkten besteht grundsätzlich die Möglichkeit von zivilrechtlichen Klagen von Kunden oder die Geltendmachung von Regressansprüchen von Importeuren und Händlern gegen die Volkswagen AG und andere Gesellschaften des Volkswagen Konzerns. Dabei gibt es neben der Möglichkeit individueller Klagen in verschiedenen Jurisdiktionen auch unterschiedliche Instrumente an Sammelverfahren, das heißt der kollektiven oder stellvertretenden Geltendmachung von Individualansprüchen. Des Weiteren besteht in einigen Märkten die Möglichkeit, dass Verbraucher- und/oder Umweltverbände vermeintliche Unterlassungs-, Feststellungs- oder Schadensersatzansprüche geltend machen.
Sammelverfahren von Kunden sowie Klagen von Verbraucher- und/oder Umweltverbänden sind gegen die Volkswagen AG und andere Gesellschaften des Volkswagen Konzerns in verschiedenen Ländern wie beispielsweise Argentinien, Australien, Belgien, Brasilien, Chile, China, Deutschland, Großbritannien, Israel, Italien, Mexiko, Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Schweiz, Spanien, Südafrika, Südkorea, Taiwan und der Tschechischen Republik anhängig. Mit ihnen werden unter anderem behauptete Schadensersatzansprüche geltend gemacht.
Insbesondere sind in den vorgenannten Ländern die nachfolgenden Verfahren anhängig:
In Australien sind derzeit verschiedene Sammelklagen mit Opt-Out-Mechanismus, eine Einzelklage und zwei Zivilklagen der Australian Competition and Consumer Commission gegen die Volkswagen AG und weitere Konzerngesellschaften, einschließlich der australischen Tochtergesellschaften, anhängig. Diese Verfahren sind miteinander verbunden worden. Aufgrund des Opt-Out-Mechanismus sind potenziell alle Fahrzeuge des Motortyps EA 189 automatisch durch die Sammelklagen erfasst, es sei denn, es wird aktiv der Austritt aus der Sammelklage erklärt. Insgesamt sind circa 100 Tsd. Fahrzeuge des Motortyps EA 189 im australischen Markt betroffen. Im März 2018 fand eine erste mehrwöchige Gerichtsverhandlung zu technischen Fragen statt, weitere Fragen sollen im September 2019 erörtert werden.
In Belgien hat die belgische Verbraucherorganisation Test Aankoop VZW eine Sammelklage erhoben, für welche der Opt-Out Mechanismus für anwendbar erklärt wurde. Die Sammelklage erfasst Fahrzeuge, die nach dem 1. September 2014 von Verbrauchern im belgischen Markt erworben wurden. Die geltend gemachten Ansprüche stützen sich auf die vermeintliche Verletzung von Wettbewerbs- und Verbraucherschutzrecht sowie auf vertragliche Pflichtverletzungen. Eine erste mündliche Verhandlung in der Sache steht noch aus. Das Gericht hat die gesetzlich vorgeschriebene Verhandlungsphase bis zum 8. Juli 2019 verlängert.
In Brasilien sind zwei Sammelklagen anhängig. Davon bezieht sich eine auf rund 17 Tsd. Fahrzeuge. In diesem Verfahren existiert ein nicht rechtskräftiges Urteil, welches Volkswagen do Brasil zu einer Zahlung von 0,3 Mrd. € nebst Zinsen verpflichtet. Gegen das Urteil wurden Rechtsmittel eingelegt. In der zweiten Sammelklage werden behauptete Ersatzansprüche aufgrund vermeintlicher Verstöße gegen umweltrechtliche Vorschriften geltend gemacht.
Die Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. hat am 1. November 2018 eine Musterfeststellungsklage beim Oberlandesgericht Braunschweig gegen die Volkswagen AG eingereicht. Ziel der Klage ist, bestimmte Voraussetzungen von etwaigen Ansprüchen von Verbrauchern gegen die Volkswagen AG festzustellen, jedoch resultieren aus etwaigen Feststellungen des Gerichts keine konkreten Zahlungsverpflichtungen. Individuelle Ansprüche müssten im Anschluss in separaten Folgeprozessen durchgesetzt werden.
Zudem wurden von der financialright GmbH verschiedene Klagen aus an sie abgetretenen Rechten von insgesamt rund 46 Tsd. Kunden aus Deutschland, Slowenien und der Schweiz gegen Gesellschaften des Volkswagen Konzerns vor mehreren deutschen Landgerichten erhoben.
In England und Wales haben derzeit verschiedene Kanzleien Klagen bei Gericht eingereicht, die zu einem Sammelverfahren (Group Litigation) verbunden wurden. Bis zum Ablauf der Opt-In Frist am 19. Dezember 2018 haben sich circa 117 Tsd. Anspruchsteller der Group Litigation angeschlossen, wobei weitere rund 40 Tsd. Kläger dazukommen könnten, die derzeit nicht der Group Litigation unterfallen. Aufgrund des Opt-In-Mechanismus sind nicht alle Fahrzeuge des Motortyps EA 189 automatisch von der Group Litigation erfasst, sondern potenzielle Anspruchsteller müssen sich aktiv an der Group Litigation beteiligen. Eine gerichtliche Anhörung (Case Management Conference) soll im März 2019 stattfinden. Eine mündliche Verhandlung zur inhaltlichen Begründetheit der Ansprüche hat bislang nicht stattgefunden.
In Italien sind zwei Sammelklagen von Verbraucherverbänden (Altroconsumo und Codacons) stellvertretend für italienische Kunden vor dem Regionalgericht Venedig anhängig. In diesen Verfahren werden Schadensersatzansprüche wegen vermeintlicher Vertragsverletzung sowie Ansprüche wegen vermeintlichen Verstößen gegen italienisches Verbraucherschutzrecht geltend gemacht. In dem Codacons-Verfahren hat das Gericht am 18. Dezember 2018 die Sammelklage als unzulässig abgewiesen. Im Verfahren der Altroconsumo ist die Frist für die Anmeldung von Ansprüchen abgelaufen; die eingegangenen Anmeldungen werden derzeit durch einen Sachverständigen ausgezählt.
In den Niederlanden ist eine auf Feststellung gerichtete Sammelklage der Stichting Volkswagen Car Claim mit Opt-In-Mechanismus anhängig. Mögliche individuelle Ansprüche müssten im Anschluss in einem separaten Prozess durchgesetzt werden.
In Österreich sind mehrere, von dem österreichischen Verein für Konsumentenschutz (VKI) beziehungsweise der Plattform Cobin Claims eingereichte Klagen anhängig. Mit diesen Klagen werden für rund 10 Tsd. Kunden Schadensersatzansprüche geltend gemacht, die dem VKI beziehungsweise der Plattform Cobin Claims zum Inkasso abgetreten wurden.
In Portugal ist eine Sammelklage mit Opt-Out-Mechanismus durch eine portugiesische Verbraucherorganisation anhängig. Es sind circa 126 Tsd. betroffene Fahrzeuge im portugiesischen Markt. Klageziele sind die Rücknahme der Fahrzeuge sowie vermeintliche Schadensersatzansprüche.
Für die meisten Sammelverfahren von Kunden und Klagen von Verbraucher- und/oder Umweltverbänden schätzt Volkswagen die Erfolgswahrscheinlichkeit der Kläger auf nicht über 50 % ein. Für diese Verfahren werden Eventualverbindlichkeiten angegeben, soweit sie bewertbar und die Erfolgsaussichten nicht als unwahrscheinlich einzuschätzen sind. Aufgrund des frühen Stadiums der meisten dieser Verfahren lässt sich ein realistisches Belastungsrisiko in vielen Fällen noch nicht beziffern. In geringem Umfang sind Rückstellungen gebildet worden.
Darüber hinaus sind Einzelklagen und ähnliche Verfahren gegen die Volkswagen AG und andere Gesellschaften des Volkswagen Konzerns in zahlreichen Ländern anhängig, die meist auf Schadensersatz oder Rückabwicklung des Kaufvertrags gerichtet sind. In Deutschland sind dies rund 46 Tsd. Verfahren. Insgesamt sind in den anderen Ländern rund eintausend weitere Einzelklagen anhängig. In der weit überwiegenden Zahl der Einzelklageverfahren wird die Erfolgswahrscheinlichkeit der Kläger von Volkswagen auf nicht über 50 % eingeschätzt. Für diese Klagen werden Eventualverbindlichkeiten angegeben, soweit sie bewertbar und die Erfolgsaussichten nicht als unwahrscheinlich einzuschätzen sind. Darüber hinaus wurden, basierend auf der aktuellen Bewertung, soweit erforderlich Rückstellungen gebildet.
In welcher Größenordnung und mit welchen Erfolgsaussichten Kunden zukünftig über die bestehenden Klagen hinaus von der Möglichkeit einer Klageerhebung auch vor dem Hintergrund der Musterfeststellungsklage in Deutschland Gebrauch machen, kann derzeit nicht eingeschätzt werden.
4. Anlegerklagen weltweit (exklusive USA/Kanada)
Anleger aus Deutschland und dem Ausland haben gegen die Volkswagen AG, teilweise zusammen mit der Porsche Automobil Holding SE (Porsche SE) als Gesamtschuldner, Schadensersatzklagen wegen behaupteter Kursverluste in Folge angeblichen Fehlverhaltens bei der Kapitalmarktkommunikation im Zusammenhang mit der Dieselthematik erhoben.
Die überwiegende Mehrheit dieser Anlegerklagen ist derzeit beim Landgericht Braunschweig anhängig. Am 5. August 2016 beschloss das Landgericht Braunschweig die Vorlage von gemeinsamen Sachverhalts- und Rechtsfragen mit Relevanz für die am Landgericht Braunschweig anhängigen Anlegerklagen an das Oberlandesgericht Braunschweig zum Erlass von Musterentscheiden nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG). Auf diese Weise soll in einem Verfahren eine für diese Klagen bindende Entscheidung hinsichtlich aller gemeinsamen Sachverhalts- und Rechtsfragen durch das Oberlandesgericht Braunschweig getroffen werden (Musterverfahren). Alle beim Landgericht Braunschweig erhobenen Klagen werden bis zur Entscheidung über die vorgelegten Fragen ausgesetzt, sofern sie nicht aus Gründen abgewiesen werden können, die unabhängig von den in dem Musterverfahren zu entscheidenden Fragen sind. Die Entscheidung über die gemeinsamen Sachverhalts- und Rechtsfragen in dem Musterverfahren sind für alle anhängigen Klagen verbindlich, die entsprechend ausgesetzt wurden. Die mündliche Verhandlung im Musterverfahren vor dem Oberlandesgericht Braunschweig hat am 10. September 2018 begonnen und wurde in weiteren Terminen fortgesetzt. Der Senat hat dabei entlang der Feststellungsziele Hinweise zu seiner vorläufigen Einschätzung erteilt. Die mündliche Verhandlung soll im Jahr 2019 fortgesetzt werden.
Am Landgericht Stuttgart sind weitere Anlegerklagen gegen die Volkswagen AG, teilweise zusammen mit der Porsche SE als Gesamtschuldner, erhoben worden. Am 6. Dezember 2017 hat das Landgericht Stuttgart einen Vorlagebeschluss zum Oberlandesgericht Stuttgart zu verfahrensrechtlichen Fragestellungen, insbesondere zur Klärung der gerichtlichen Zuständigkeit erlassen. Am Oberlandesgericht Stuttgart ist wegen der Dieselthematik ferner ein Musterverfahren gegen die Porsche SE anhängig; nach derzeitigem Verfahrensstand ist die Volkswagen AG auch in diesem Verfahren Musterbeklagte.
Weitere Anlegerklagen sind bei verschiedenen Gerichten in Deutschland und den Niederlanden eingereicht worden. In Österreich wurde im Berichtszeitraum die erstinstanzliche Zurückweisung der letzten dort noch anhängigen Anlegerklage im Zusammenhang mit der Dieselthematik rechtskräftig.
Insgesamt sind gegen die Volkswagen AG im Zusammenhang mit der Dieselthematik weltweit (exklusive USA/Kanada) derzeit Anlegerklagen, gerichtliche Mahn- und Güteanträge sowie Anspruchsanmeldungen nach dem KapMuG mit geltend gemachten Ansprüchen in Höhe von circa 9,6 Mrd. € rechtshängig. Die Volkswagen AG ist unverändert der Auffassung, ihre kapitalmarktrechtlichen Pflichten ordnungsgemäß erfüllt zu haben, so dass für diese Anlegerklagen keine Rückstellungen gebildet wurden. Soweit die Erfolgsaussichten nicht niedriger als 10 % eingeschätzt wurden, wurden Eventualverbindlichkeiten angegeben.
5. Verfahren in den USA/Kanada
Nach den Veröffentlichungen der „Notices of Violation“ durch die EPA sind die Volkswagen AG und weitere Gesellschaften des Volkswagen Konzerns Gegenstand von eingehenden Untersuchungen, laufenden Ermittlungen (zivil- und strafrechtlich) und Zivilprozessen. Die Volkswagen AG und weitere Gesellschaften des Volkswagen Konzerns haben Vorladungen und Anfragen seitens staatlicher Attorneys General und anderer Regierungsbehörden erhalten.
In Bezug auf die in den „Notices of Violation“ der EPA beschriebenen Vorgänge werden an verschiedenen Stellen in den USA/Kanada Rechtsstreitigkeiten gegen die Volkswagen AG und weitere Gesellschaften des Volkswagen Konzerns geführt. In diesem Zusammenhang laufen Untersuchungen seitens verschiedener US-amerikanischer und kanadischer Regulierungs- und Regierungsbehörden, insbesondere in Bezug auf den Wertpapier-, Finanzierungs- und Steuerbereich. Darüber hinaus sind bei verschiedenen Gerichten, darunter einzelstaatliche und Provinzgerichte, in den USA und in Kanada einige vermeintliche Sammelklagen seitens Kunden, Investoren, Vertriebsmitarbeitern und Händlern sowie Einzelklagen seitens Kunden und Klagen seitens Behörden von Bundesstaaten, Provinzen und Kommunen eingereicht worden. Eine Vielzahl dieser vermeintlichen Sammelklagen ist bei US-Bundesgerichten eingereicht und zur vorprozessualen Koordination in der im US-Bundesstaat Kalifornien anhängigen „Multidistrict Litigation“ zusammengeführt worden.
In den USA hat Volkswagen separate Vereinbarungen mit den Attorneys General von 49 US-Bundesstaaten, dem District of Columbia und Puerto Rico erzielt, mit denen bestehende oder mögliche Ansprüche aus verbraucherschutzrechtlichen und wettbewerbsrechtlichen Bestimmungen im Hinblick auf Fahrzeuge in den USA mit Motoren des Typs 2.0 l TDI und 3.0 l TDI beigelegt werden. Verbraucherschutzrechtliche Klagen des Bundesstaates New Mexico sind weiterhin anhängig. Volkswagen hat überdies separate Vereinbarungen mit den Attorneys General von dreizehn US-Bundesstaaten (Connecticut, Delaware, Kalifornien, Maine, Maryland, Massachusetts, New Jersey, New York, Oregon, Pennsylvania, Rhode Island, Vermont und Washington) zur Beilegung von bestehenden oder möglichen künftigen Ansprüchen auf zivilrechtliche Strafzahlungen und Unterlassung wegen angeblicher Verletzungen des Umweltrechts erzielt. Vor einzel- und bundesstaatlichen Gerichten führen die Attorneys General von acht anderen US-Bundesstaaten (Alabama, Illinois, Montana, New Hampshire, New Mexico, Ohio, Tennessee und Texas) sowie einige Kommunen Klagen gegen die Volkswagen AG, Volkswagen Group of America, Inc. und bestimmte verbundene Unternehmen wegen angeblicher Verletzungen des Umweltrechts. Die umweltrechtlichen Klagen von acht Bundesstaaten – Alabama, Illinois, Missouri, Minnesota, Ohio, Tennessee, Texas und Wyoming – sowie von Hillsborough County (Florida), Salt Lake County (Utah) und zwei Landkreisen in Texas wurden wegen Vorrangigkeit des Bundesrechts von Prozess- oder Berufungsgerichten ganz oder teilweise abgewiesen. Gegen die Klageabweisung haben Alabama, Illinois, Ohio, Tennessee, Hillsborough County und Salt Lake County Berufung eingelegt oder können dies noch tun.
Die U.S. Securities and Exchange Commission (die „SEC“ – US-Börsenaufsicht) hat von Volkswagen Auskunft wegen möglicher Verletzungen von Wertpapiergesetzen bei der Begebung von Anleihen und Asset-Backed-Securities verlangt. Die Verletzungen sollen daraus resultieren, dass die Nichteinhaltung von US-amerikanischen Emissionsvorschriften durch bestimmte Volkswagen Dieselfahrzeuge nicht offengelegt wurde. Im Januar 2017 teilte die SEC Volkswagen mit, dass sie ein förmliches Ermittlungsverfahren eingeleitet habe; dieses Ermittlungsverfahren dauert noch an. Im weiteren Verlauf teilte der Stab der SEC Volkswagen mit, dass das Ermittlungsverfahren in ein Sanktionsverfahren der SEC gegen Volkswagen münden könne.
Gegen eine Ausgleichszahlung in Höhe von 48 Mio. USD einigten sich die Volkswagen AG und eine mutmaßliche Käuferklasse von American Depositary Receipts der Volkswagen AG am 28. August 2018 auf eine Regelung der Ansprüche wegen vermeintlicher Kursverluste, die angeblich auf die in den „Notices of Violation“ der EPA beschriebenen Vorgänge zurückzuführen seien. Im November 2018 genehmigte das Gericht den Vergleichsvorschlag vorläufig.
Im April 2018 genehmigten die Gerichte in Ontario und Quebec eine Grundsatzvereinbarung über einen vorgeschlagenen Vergleich mit Verbrauchern in Kanada in Zusammenhang mit 3.0 l Dieselfahrzeugen, die Volkswagen am 21. Dezember 2017 bekanntgegeben hatte. Des Weiteren führt die Umweltbehörde auf Bundesebene in Kanada eine Untersuchung wegen strafrechtlicher Sanktionen in Bezug auf 2.0 l und 3.0 l Dieselfahrzeuge, und die Umweltbehörde der Provinz Ontario hat im Hinblick auf 2.0 l Dieselfahrzeuge Klage auf Verhängung quasi-strafrechtlicher Sanktionen erhoben. Darüber hinaus ist in Quebec eine umweltrechtliche Sammelklage im Namen der Einwohner von Quebec anhängig. Die Klage wurde allein im Hinblick auf die Frage zugelassen, ob ein Anspruch auf Strafschadensersatz bestehe. Gegen diese Entscheidung hat Volkswagen die Zulassung von Rechtsmittel beantragt. Anhängig in Kanada sind darüber hinaus Sammelklagen und Klagen, denen sich eine Vielzahl von Klägern anschließen können, wobei es insbesondere um verbraucherschutz- und wertpapierrechtliche Ansprüche geht, bei denen unter anderem Schadensersatz begehrt wird.
Soweit ein Sachverhalt vorstehend nicht gesondert beschrieben wird, ist eine Bewertung, im derzeitigen Verfahrensstand noch nicht möglich beziehungsweise wird gemäß IAS 37.92 nicht dargestellt, um die Ergebnisse der Verfahren und die Interessen des Unternehmens nicht zu beeinträchtigen.
6. Weitere Verfahren
Mit Beschluss vom 8. November 2017 hat das Oberlandesgericht Celle auf Antrag dreier US-Fonds die Einsetzung eines Sonderprüfers bei der Volkswagen AG angeordnet. Der Sonderprüfer soll prüfen, ob die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats der Volkswagen AG im Zusammenhang mit der Dieselthematik seit dem 22. Juni 2006 ihre Pflichten verletzt haben und der Volkswagen AG hieraus ein Schaden entstanden ist. Diese Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle ist formal rechtskräftig. Die Volkswagen AG hat gegen diese Entscheidung jedoch wegen der Verletzung ihrer verfassungsmäßig garantierten Rechte Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht erhoben. Es ist derzeit nicht absehbar, wann das Bundesverfassungsgericht hierüber entscheiden wird. Der vom Oberlandesgericht Celle eingesetzte Sonderprüfer hat nach der formal rechtskräftigen Entscheidung des Oberlandesgerichts mitgeteilt, dass er aus Altersgründen für die Durchführung der Sonderprüfung nicht zur Verfügung stehe. Die US-Fonds haben daraufhin bei dem Landgericht Hannover beantragt, einen anderen Sonderprüfer einzusetzen. Die Volkswagen AG ist der Auffassung, dass ein solcher Austausch des gerichtlich bestellten Sonderprüfers unzulässig ist, und hat beantragt, den Antrag auf Austausch des Sonderprüfers zurückzuweisen. Mit einer Entscheidung durch das Landgericht Hannover wird im Laufe des Jahres 2019 gerechnet.
Daneben wurde beim Landgericht Hannover ein zweiter Antrag auf Einsetzung eines Sonderprüfers bei der Volkswagen AG gestellt, der ebenfalls auf die Prüfung von Vorgängen im Zusammenhang mit der Dieselthematik gerichtet ist. Dieses Verfahren ruht bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im ersten Sonderprüfungsverfahren.
7. Bewertung der Risiken aus der Dieselthematik
Zur Absicherung der derzeit bekannten Rechtsrisiken im Zusammenhang mit der Dieselthematik enthalten die Rückstellungen für Prozess- und Rechtsrisiken zum 31. Dezember 2018 auf Basis des gegenwärtigen Kenntnisstands und aktueller Einschätzungen einen Betrag in Höhe von rund 2,4 Mrd. €. Soweit bereits hinreichend bewertbar, wurden im Zusammenhang mit der Dieselthematik insgesamt Eventualverbindlichkeiten in Höhe von 5,4 Mrd. € (Vorjahr: 4,3 Mrd. €) im Anhang angegeben, auf die Anlegerverfahren in Deutschland entfallen davon rund 3,4 Mrd. € (Vorjahr: 3,4 Mrd. €). Aufgrund der noch nicht abgeschlossenen Sachverhaltsaufklärung sowie der Vielschichtigkeit der einzelnen Einflussfaktoren und der noch andauernden Abstimmungen mit den Behörden, unterliegen die im Zusammenhang mit der Dieselthematik gebildeten Rückstellungen sowie die angegebenen Eventualverbindlichkeiten und die weiteren latenten Rechtsrisiken zum Teil erheblichen Einschätzungsrisiken. Sollten sich diese Rechts- beziehungsweise Einschätzungsrisiken verwirklichen, kann dies zu weiteren erheblichen finanziellen Belastungen führen.
Weitergehende Angaben zu den Schätzungen hinsichtlich der finanziellen Auswirkungen sowie Angaben zu Unsicherheiten hinsichtlich der Höhe oder der Fälligkeit von Beträgen der Rückstellungen und Eventualverbindlichkeiten im Zusammenhang mit der Dieselthematik werden gemäß IAS 37.92 nicht gemacht, um die Ergebnisse der Verfahren und die Interessen des Unternehmens nicht zu beeinträchtigen.
Weitere wesentliche Rechtsstreitigkeiten
Die ARFB Anlegerschutz UG (haftungsbeschränkt) hat im Jahr 2011 eine Schadensersatzklage gegen die Volkswagen AG und die Porsche SE wegen vermeintlicher Verstöße gegen kapitalmarktrechtliche Publizitätsvorschriften im Zusammenhang mit dem Erwerb von Stammaktien der Volkswagen AG durch die Porsche SE im Jahr 2008 erhoben. Eingeklagt waren zuletzt, aus angeblich abgetretenem Recht, circa 2,26 Mrd. € nebst Zinsen. Im April 2016 hatte das Landgericht Hannover eine Vielzahl von Feststellungszielen formuliert, über die der Kartellsenat des Oberlandesgerichts Celle in einem Musterverfahren nach dem Kapitalanlegermusterverfahrensgesetz entscheiden wird. Der Senat hat bereits in der ersten mündlichen Verhandlung am 12. Oktober 2017 erkennen lassen, dass er Ansprüche gegen die Volkswagen AG sowohl mangels substantiierten Vortrags als auch aus Rechtsgründen derzeit als nicht begründet ansieht. Die Volkswagen AG sieht sich durch die Ausführungen des Senats in der Einschätzung bestätigt, dass die geltend gemachten Ansprüche jeglicher Grundlage entbehren.
Aus demselben Sachverhalt hatten seinerzeit (2010/2011) auch andere Investoren Ansprüche von insgesamt circa 4,6 Mrd. € unter anderem gegen die Volkswagen AG behauptet und Güteverfahren eingeleitet. Die Volkswagen AG hat den Beitritt zu den Güteverfahren stets abgelehnt; diese Ansprüche wurden seitdem nicht weiter verfolgt.
Die Hauptversammlung der MAN SE hat im Juni 2013 dem Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages zwischen der MAN SE und der TRATON SE (zu dieser Zeit Truck & Bus GmbH), einer Tochtergesellschaft der Volkswagen AG, zugestimmt. Im Juli 2013 ist ein Spruchverfahren eingeleitet worden, in dem die Angemessenheit der im Vertrag geregelten Barabfindung gemäß § 305 AktG und der Ausgleichszahlung gemäß § 304 AktG überprüft wurde. Mit Beschluss vom 26. Juni 2018 (ergänzt und korrigiert durch Beschluss vom 30. Juli 2018 und 17. Dezember 2018) hat das Oberlandesgericht München rechtskräftig entschieden, dass der jährliche Ausgleichsanspruch gemäß § 304 AktG auf 5,47 € brutto (abzüglich etwaiger Körperschaftsteuer und etwaigem Solidaritätszuschlag nach dem jeweils für diese Steuern für das betreffende Geschäftsjahr geltenden Steuersatz) je Aktie anzuheben ist. Die in erster Instanz vom Landgericht München I erhöhte Abfindung in Höhe von 90,29 € je Aktie wurde bestätigt. Die Beschlüsse des Oberlandesgerichts München sind rechtskräftig und am 6. August 2018 und am 10. Januar 2019 im Bundesanzeiger veröffentlicht worden.
In Brasilien leitete die brasilianische Finanzverwaltung ein Steuerverfahren gegen MAN Latin America ein, in dem es um die Bewertung steuerlicher Auswirkungen der in 2009 gewählten Erwerbsstruktur für MAN Latin America geht. Im Dezember 2017 ist im sogenannten Administrative Court Verfahren ein zweitinstanzliches, für MAN Latin America negatives Urteil ergangen. Gegen dieses Urteil hat MAN Latin America vor dem regulären Gericht in 2018 Klage erhoben. Die betragsmäßige Abschätzung des Risikos für den Fall, dass sich die Finanzverwaltung insgesamt mit ihrer Auffassung durchsetzen könnte, ist aufgrund der Verschiedenheit der gegebenenfalls nach brasilianischem Recht zur Anwendung kommenden Strafzuschläge nebst Zinsen mit Unsicherheit behaftet. Es wird jedoch weiterhin mit einem für MAN Latin America positiven Ausgang gerechnet. Für den gegenteiligen Fall könnte sich ein Risiko von rund 0,7 Mrd. € für den beklagten Gesamtzeitraum ab 2009 ergeben, das im Anhang innerhalb der Eventualverbindlichkeiten angegeben wurde.
Die Europäische Kommission führte im Jahr 2011 Durchsuchungen bei europäischen Lkw-Herstellern wegen des Verdachts eines unzulässigen Informationsaustauschs im Zeitraum zwischen 1997 und 2011 durch und übermittelte im November 2014 in diesem Zusammenhang MAN, Scania und den übrigen betroffenen Lkw-Herstellern die sogenannten Beschwerdepunkte. Mit ihrer Vergleichsentscheidung im Juli 2016 verhängte die Europäische Kommission gegen fünf europäische Lkw-Hersteller Geldbußen. Da MAN die Europäische Kommission als Kronzeuge über die Unregelmäßigkeiten informiert hatte, wurde MAN die Geldbuße vollständig erlassen.
Im September 2017 verhängte die Europäische Kommission gegen Scania eine Geldbuße von 0,88 Mrd. €. Scania hat dagegen Rechtsmittel zum Europäischen Gerichtshof in Luxemburg eingelegt und wird sich umfassend verteidigen. Scania bildete bereits im Jahr 2016 eine Rückstellung in Höhe von 0,4 Mrd. €.
Darüber hinaus sind Kartellschadensersatzklagen von Kunden eingegangen. Wie in jedem Kartellverfahren können weitere Schadensersatzklagen folgen. Es wurden weder Rückstellungen noch Eventualverbindlichkeiten angegeben, da eine Bewertung der Verfahren aufgrund des frühen Stadiums derzeit noch nicht möglich ist.
Im Rahmen der in der Öffentlichkeit bereits bekannten kartellrechtlichen Untersuchungen in der Automobilindustrie hat die Europäische Kommission am 18. September 2018 ein formelles Verfahren gegen die betroffenen Unternehmen eingeleitet. Die Untersuchungen dauern seit geraumer Zeit an. Wie der Pressemitteilung der Europäischen Kommission zu entnehmen ist, hat die Europäische Kommission den Untersuchungsgegenstand nunmehr auf den Bereich Emissionen begrenzt. Die Verfahrenseinleitung ist ein üblicher und rein prozessualer Verfahrensschritt, der von Volkswagen erwartet wurde. Der Volkswagen Konzern und die betreffenden Konzernmarken kooperieren vollumfänglich mit der Europäischen Kommission und werden die Kooperation auch weiterhin fortsetzen.
Darüber hinaus hat die italienische Wettbewerbsbehörde ein Verfahren wegen möglicher wettbewerbswidriger Absprachen (vermeintlicher Austausch von wettbewerblich sensitiven Informationen) gegen mehrere herstellereigene Automobilfinanzierungsgesellschaften, darunter die Volkswagen Bank GmbH, eingeleitet. Das Verfahren wurde später auf die jeweiligen Muttergesellschaften ausgeweitet, darunter die Volkswagen AG. Im Oktober 2018 haben die Volkswagen Bank GmbH und die Volkswagen AG Beschwerdepunkte erhalten, welche die Erkenntnisse der Behörde zusammenfassen und den vermeintlichen Verstoß beschreiben. Die Volkswagen AG und die Volkswagen Bank GmbH haben im November 2018 ihre jeweilige Erwiderung an die italienische Wettbewerbsbehörde übermittelt. Im Januar 2019 verhängte die italienische Wettbewerbsbehörde eine Geldbuße in Höhe von 163 Mio. € gegen die Volkswagen AG und die Volkswagen Bank GmbH. Es wurden bei der Volkswagen Bank GmbH Rückstellungen gebildet. Die Volkswagen AG und die Volkswagen Bank GmbH beabsichtigen, gegen diese Entscheidung Rechtsmittel einzulegen. Auch in diesem Verfahren sind Schadensersatzklagen möglich.
Im Jahr 2017 reichten Kläger in verschiedenen US-Gerichtsbarkeiten im Namen mutmaßlicher Käuferklassen deutscher Luxusfahrzeuge zahlreiche Klagen gegen mehrere Automobilhersteller einschließlich der Volkswagen AG und weiterer Unternehmen des Volkswagen Konzerns ein; inzwischen sind die Verfahren in zwei konsolidierten Sammelklagen in der „Multidistrict Litigation“ im US-Bundesstaat Kalifornien anhängig. In den Klagen wird behauptet, dass sich die Beklagten seit den 1990ern zwecks unrechtmäßiger Erhöhung der Preise deutscher Luxusfahrzeuge abgestimmt und damit gegen die US-amerikanischen Kartell- und Verbraucherschutzgesetze verstoßen hätten. Mit ähnlicher Begründung reichten Kläger in Kanada im Namen mutmaßlicher Käuferklassen deutscher Luxusfahrzeuge Klagen gegen mehrere Automobilhersteller einschließlich der Volkswagen Canada Inc., Audi Canada Inc. und weiterer Unternehmen des Volkswagen Konzerns ein. Es wurden weder Rückstellungen noch Eventualverbindlichkeiten angegeben, da eine Bewertung der Verfahren aufgrund des frühen Stadiums derzeit noch nicht möglich ist.
Darüber hinaus haben wenige nationale und internationale Behörden kartellrechtliche Ermittlungen eingeleitet. Volkswagen arbeitet mit den zuständigen Behörden in diesen Untersuchungen eng zusammen; eine Bewertung der zugrunde liegenden Sachverhalte ist aufgrund des frühen Stadiums noch nicht möglich.
Bei bestimmten als Pkw zugelassenen T6-Modellen (Klasse M1) mit Euro-6-Dieselmotoren wurde im Rahmen der Prüfung der Übereinstimmung der laufenden Neuproduktion mit dem genehmigten Typ (Conformity of Production) festgestellt, dass bestimmte technische Werte nicht vollumfänglich bestätigt werden konnten. Zur Sicherstellung dieser Übereinstimmung der Neuproduktion entwickelte die Volkswagen AG eine Softwaremaßnahme, die Ende Februar 2018 durch das KBA genehmigt und in der Neuproduktion sowie auf bis dahin noch nicht ausgelieferte (insgesamt circa 30 Tsd.) Neufahrzeuge angewandt wurde. Die Volkswagen AG führte außerdem In-Use-Tests (Prüfungen der Übereinstimmung in Betrieb befindlicher Fahrzeuge mit der Typgenehmigung) durch, um zu prüfen, ob die circa 200 Tsd. bereits im Markt befindlichen T6-Gebrauchtfahrzeuge die technischen Werte einhalten. Die auf Vorschlag der Volkswagen AG durchgeführten Prüfungen fanden in enger Abstimmung mit dem KBA statt, das dieses Verfahren in einem Bescheid vom 1. März 2018 aufgenommen hat. Im Anschluss an weitere Prüfungen im August 2018 erfolgte auf Vorschlag der Volkswagen AG und in Übereinstimmung mit diesem Bescheid auch bei den T6-Gebrauchtfahrzeugen eine Softwaremaßnahme zur Sicherstellung der Übereinstimmung mit dem genehmigten Fahrzeugtyp.
Seit November 2016 hat Volkswagen Informationsanforderungen seitens der EPA und der CARB in Bezug auf Automatikgetriebe in bestimmten Fahrzeugen mit Benzinmotor beantwortet.
Des Weiteren sind die gegen die Audi AG und bestimmte verbundene Unternehmen eingereichten vermeintlichen Sammelklagen an die im US-Bundesstaat Kalifornien anhängige „Multidistrict Litigation“ übertragen und konsolidiert worden. In den Klagen wird den Beklagten vorgeworfen, die vermeintliche Existenz von Abschalteinrichtungen in mit Automatikgetriebe ausgestatteten Fahrzeugen der Marke Audi verschleiert zu haben. Im Northern District von Kalifornien, und an zwei Bezirksgerichten in Kanada sind weitere Klagen anhängig, in denen ähnliche Ansprüche behauptet werden.
Im Sommer 2017 reichten Kläger beim US District Court für den Eastern District von New York im Namen einer mutmaßlichen Käuferklasse von American Depositary Receipts der Volkswagen AG eine Klage gegen die Volkswagen AG sowie drei ehemalige und ein amtierendes Vorstandsmitglied ein. Am 13. Juli 2018 reichten die Kläger eine geänderte Klage ein; die Beklagten haben die Abweisung dieser Klage beantragt. Die Kläger machen behauptete wertpapierrechtliche Ansprüche geltend und stützen diese auf vermeintliche wesentliche falsche und unvollständige Angaben, die die Beklagten bei der Darstellung der Compliance-Maßnahmen der Volkswagen AG – insbesondere im wettbewerbs- und kartellrechtlichen Bereich – und im Rahmen eines kartellrechtlichen Verfahrens gegen die Volkswagen AG im Northern District von Kalifornien gemacht haben sollen. Nach Ansicht der Beklagten haben die geltend gemachten Ansprüche keine Grundlage.
Für mögliche Ansprüche im Zusammenhang mit Finanzdienstleistungen gegenüber Verbrauchern waren im Bereich der Volkswagen Bank GmbH sowie der Volkswagen Leasing GmbH Rückstellungen zu bilden.
Darüber hinaus sind weltweit, insbesondere in den USA verschiedene Verfahren anhängig, in denen Kunden vermeintliche Ansprüche einzeln oder im Wege von Sammelklagen geltend machen. Diese Ansprüche werden regelmäßig mit behaupteten Mängeln an Fahrzeugen – einschließlich der dem Volkswagen Konzern zugelieferten Fahrzeugteile (beispielsweise im Fall Takata) – begründet.
Risiken können sich auch aus Patentverletzungsverfahren, insbesondere in Deutschland und den USA, ergeben. Diese Verfahren haben zum Beispiel Patente im Bereich der Halbleitertechnologie in Fahrzeugen zum Gegenstand; geltend gemacht werden vermeintliche Ansprüche auf Unterlassung und Schadensersatz.
Weitergehende Angaben zu den Schätzungen hinsichtlich der finanziellen Auswirkungen sowie Angaben zu Unsicherheiten hinsichtlich der Höhe oder der Fälligkeit von Beträgen der Rückstellungen und Eventualverbindlichkeiten im Zusammenhang mit den weiteren wesentlichen Rechtsstreitigkeiten werden gemäß IAS 37.92 nicht gemacht, um die Ergebnisse der Verfahren und die Interessen des Unternehmens nicht zu beeinträchtigen.